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Roland Simon – Zur Kommunisierung

Samstag 27. Dezember 2025

Der Versuch einer Definition der Kommunisierung bedeutet, sich an ein Konzept im Werden heranzuwagen. Eher als um eine Ausarbeitung einer Definition geht es um eine Abgrenzung der Angriffswinkel.

Der Programmatismus ist hinfällig

Mein Ausgangspunkt ist das Konzept des Programmatismus. Der Programmatismus beruht auf einer Praxis und einem Verständnis des Klassenkampfes, wonach eine der Klassen, das Proletariat, in ihrer Situation die Grundlage der Überwindung des Widerspruchs und der gesellschaftlichen Organisation der künftigen Gesellschaft findet. Ihre Aktivität im Klassenkampf und diese Organisation werden also zu einem zu verwirklichenden Programm. Im Klassenkampf zwischen dem Proletariat und dem Kapital ist das Proletariat das positive Element, das den Widerspruch aufbrechen lässt, die Revolution ist also die Affirmation des Proletariats: Diktatur des Proletariats, Arbeiterräte, Übergangsphase, absterbender Staat, verallgemeinerte Selbstverwaltung, „Gesellschaft der assoziierten Produzenten“ usw. Die Auflösung des Widerspruchs wird durch einen der Begriffe desselben dargestellt. Das Proletariat ist von einem revolutionären Wesen beseelt, das es widersprüchlich zum Kapital macht, sich je nach mehr oder weniger reifen historischen Bedingungen anpassend und als Elemente eines Programms dekliniert. Der Widerspruch ist also nicht mehr das kapitalistische gesellschaftliche Verhältnis selbst, zu deren Abschaffung das Proletariat, aufgrund seiner Situation darin, veranlasst ist.

Der Programmatismus ist nicht nur eine Theorie, sondern vor allem die Praxis des Proletariats, die darin besteht, dass die Erstarkung der Klasse in der kapitalistischen Produktionsweise (von der Sozialdemokratie bis zur Ultralinken) auf positive Art und Weise das Trittbrett der Revolution und des Kommunismus ist, letztere sind bloss das Hinauswachsen über sich selbst und die Vollendung derselben. Er ist die Praxis des Proletariats vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis Ende der 1960er Jahre. Da er jedoch auf essenzielle Art und Weise mit der formellen Subsumtion der Arbeit unter das Kapital verbunden ist, „zerfällt“ er in der ersten Phase der reellen Subsumtion.

Die in den 1970er Jahren begonnene Restrukturierung der kapitalistischen Produktionsweise beendet diese Situation und eine neue Struktur sowie ein neuer Inhalt des Widerspruchs, der Ausbeutung, definieren nun den neuen Kampfzyklus. Ich werde also nicht ausgehend von einem unveränderlichen Wesen der Revolution und des Kommunismus, dem man sich mehr oder weniger kurz und total im Verlauf der Geschichte angenähert habe, von der Kommunisierung sprechen, sondern ausgehend von dieser neuen Situation.

Restrukturierung und neuer Zyklus

Auf die knappstmögliche Weise definiere ich das Resultat der Restrukturierung als den Widerspruch zwischen dem Proletariat und dem Kapital als sich auf der Ebene der Reproduktion der Produktionsweise und somit der Reproduktion der Klassen und ihres Verhältnisses verknotend. Folglich bringt das Proletariat, im Rahmen der Ausbeutung im Widerspruch zum Kapital stehend, in diesem Verhältnis keine Bestätigung seiner selbst gegenüber dem Kapital mehr hervor. Das Problem in seinem Kampf als Klasse ist, in seinem Widerspruch zum Kapital, seine eigene Infragestellung, seine eigene Abschaffung. Daraus resultiert eine wahrhaft unglaubliche Situation. Einerseits kämpft das Proletariat nur täglich und ist nur eine revolutionäre Klasse in seiner strikten Definition als Klasse dieser Produktionsweise; andererseits läuft die Grenze all seiner gegenwärtigen Kämpfe immer darauf hinaus, eine Klasse zu sein und als solche zu handeln. Das ist die Dynamik und gleichzeitig die Grenze dieses Kampfzyklus.

Im Dezember 1995 im Kampf der Papierlosen, der Arbeitslosen, der Hafenarbeiter Liverpools, bei Cellatex, Alstom, Lu, Marks and Spencer usw. erscheint diese oder jene Eigenschaft des Kampfes im Verlauf des Kampfes selbst insofern als Grenze, als diese besondere Eigenschaft (öffentlicher Dienst, Nachfrage nach Arbeit, Verteidigung des Arbeitswerkzeuges, Verweigerung der Delokalisierung, der rein finanziellen Verwaltung usw.), mit welcher die Bewegung zusammenprallt, häufig begleitet von Spannungen und inneren Konfrontationen im Rahmen ihres Rückgangs, immer auf die Tatsache hinausläuft, eine Klasse zu sein. Wenn in diesem Zyklus die Grenze jedes Kampfes grundlegend die Tatsache ist, als Klasse zu handeln, ist sie somit inhärent und wird immer notwendigerweise auf je nach Kampf spezifische Weise und gemäss den Modalitäten der Reproduktion der kapitalistischen Produktionsweise, dessen Klasse das Proletariat ist, existieren (es verhielt sich nicht so, solange das Proletariat dem Kapital eine Reorganisation der Gesellschaft auf der Grundlage dessen, was es in der Gesellschaft war, entgegensetzen konnte).

Wenn wir täglich feststellen können, dass jeder Kampf gegen das stösst, was ihn als Handlung der Klasse konstituiert, verhält es sich anders betreffend der Transformation dieses zur Grenze gewordenen „Handelns als Klasse“ in die Infragestellung durch das Proletariat seines eigenen Verhältnisses zum Kapital: die Kommunisierung. Das heisst die Transformation von etwas, das sich bis anhin in der Reproduktion des Kapitals auflöst, in etwas, das aktiv im Kampf der Klasse eine Infragestellung durch das Proletariat seiner eigenen Situation als Klasse ist. Flüchtige Einblicke gaben uns die „Bewegung der direkten Aktion“, der Kampf der Arbeitslosen und Prekären, ein Indiz dafür zeigt sich in den Transformationen der Klassenzusammensetzung des Proletariats, aber die „Infragestellung“ ist noch weitgehend eine theoretische Ableitung.

Die Ableitung erfolgt auf folgender Grundlage:

 des Zusammenbruchs jeglicher Perspektive der Erstarkung, Affirmation und Befreiung des Proletariats;

 der gegenwärtigen Grenze aller Kämpfe in der Tatsache selbst, ein Kampf der Klasse zu sein, eine Grenze, welche die Dynamik dieser Kämpfe darstellt;

 der Neuzusammensetzung des Proletariats;

 des Inhalts und der Struktur des Widerspruchs zwischen dem Proletariat und dem restrukturierten Kapital (Widerspruch auf der Ebene der Reproduktion: Im Widerspruch zum Kapital zu stehen, ist gleichbedeutend mit der Tatsache, im Widerspruch zu seiner eigenen Reproduktion als Klasse zu stehen).

Sobald der Klassenkampf auf der Ebene der Reproduktion situiert ist, kann und will das Proletariat in keinem Kampf mehr bleiben, was es ist. Es handelt sich nicht zwingend um aufsehenerregende Aussagen oder „radikale“ Aktionen, sondern um alle Praktiken der „Flucht“ oder Verneinung der Proletarier gegenüber ihrer eigenen Bedingung, in den selbstmörderischen Kämpfen der Firma Cellatex, im Streik von Vilvoorde oder vielen anderen, wo sich herausstellt, dass das Proletariat getrennt vom Kapital nichts ist und dass es nicht dieses Nichts bleiben kann (dass es seine Vereinigung mit dem Kapital fordert, bringt den Graben, geöffnet durch den Kampf, die Anerkennung und die Verweigerung des Proletariats seiner selbst als diesen Graben, nicht zum Verschwinden). Im gegenwärtigen Verlauf der Kämpfe ist zwar die Infragestellung nur eine theoretische Ableitung, aber sie ist auch viel mehr als das.

Der gegenwärtige Kampfzyklus ist die Auflösung des Rätsels des Kampfes der Klasse: Wie kann eine strikt als Klasse handelnde Klasse die Abschaffung aller Klassen sein? Diese Auflösung ist die Kommunisierung, abgeleitet von diesem Kampfzyklus.

Die Revolution ist Unmittelbarkeit des Kommunismus

Der Kern des Konzepts der Kommunisierung ist ein einziger Punkt: Die Revolution als Abschaffung des Kapitals ist nicht eine Vorbedingung für den Aufbau des Kommunismus, sie kann nur als unmittelbarer Aufbau des Kommunismus erfolgreich sein.

Es ist wahr, dass es Probleme gibt, die nicht „von heute auf morgen“ gelöst werden können, sie sind sehr wohl real. Die Tatsache jedoch, dass der Kommunismus anfangs Probleme lösen muss, die er vom Kapitalismus geerbt hat (Ungleichheiten in der Entwicklung, qualitative Transformation der Produktionsinstrumente, Eliminierung gefährlicher Anlagen, Dekonzentration der Bevölkerung, Beseitigung in seinen materiellen – im Raum eingeschriebenen – Formen des Gegensatzes zwischen Stadt und Land, „Rehabilitierung“ ehemals landwirtschaftlicher oder „natürlicher“ Flächen), erschafft deswegen nicht eine Periode oder Aktivitäten, im Rahmen welcher er nicht gemäss dem, was er ist, gemäss seinem eigenen Wesen „funktionieren“ könnte, bis ein gewisses Entwicklungsstadium erreicht sein würde, das ohnehin nicht festgelegt werden kann. Der Kommunismus ist nicht das Ende der Geschichte, er muss Probleme lösen, die er von der kapitalistischen Produktionsweise, und vielleicht sogar, während dieses Moments des Bruches mit der ganzen vorhergehenden Geschichte der Entfremdung, solche, die er von vorhergehenden Produktionsweisen geerbt hat (die Frage würde es verdienen, gestellt zu werden). Er wird selbst seine eigenen Probleme festlegen, Gegensätze und Dynamiken erzeugen, diese Probleme und diese Dynamik sind Teil der Spannung hin zur Autonomisierung der Gemeinschaft insoweit, als die gesellschaftliche Unmittelbarkeit des Individuums eine Gesamtheit an Verhältnissen und nicht eine jedem Individuum inhärente Essenz ist. Es ist in diesem Verhältnis zwischen der Spannung hin zur Autonomisierung der Gemeinschaft und der Diversität, in welchem der Kommunismus existiert und sich als Geschichte abzeichnet. Der Kommunismus ist die menschliche Gemeinschaft in permanentem Aufbau und permanenter Spannung zwischen der Universalität und der Diversität, denn es gibt für sie kein abstraktes Richtmass zwischen den verschiedenen Aktivitäten (auch diesbezüglich ist der Kommunismus nicht eine x-te Version der „transparenten Gesellschaft“). Aber was auch immer diese Probleme sein mögen, die geerbten oder die eigenen, wird er von Anfang an auf seinen eigenen Grundlagen funktionieren, sonst wird er nicht bestehen können. Mit der Revolution werden jegliche vorhergehende gesellschaftliche Determinierung als zu reproduzierender Zwang (die Klassenzugehörigkeit), jegliche frühere zu reproduzierende Voraussetzung, den Verhältnissen vorausgehend, welche die Individuen als Individuen zwischen ihnen bei gleichzeitiger Definition ihrer Bedürfnisse definieren, deren Befriedigung und die Modalitäten derselben abgeschafft. Die Abschaffung der Klassen ist sowohl gleichbedeutend mit der Abschaffung der Aktivität als Subjektivität als auch ihres Ergebnisses als Objektivität ihr gegenüber, in diesem Zusammenhang ist die Abschaffung der Lohnarbeit jene der Arbeit. Der von der kommunistischen Revolution erschaffene Überfluss ist nicht auf der Ebene des Habens, sondern auf jener des Zusammenseins, der Gemeinschaft. All das wird in der Bewegung der Revolution selbst hervorgebracht, es ist geradezu ihr Inhalt.

Wenn man Probleme mit den ersten Etappen des Kommunismus hat und anfängt, den „ängstlichen Realisten“ mit Ausdrücken wie „es geschieht nicht von heute auf morgen“ zu spielen, dann bedeutet das, dass man Probleme hat mit der Konzeption der Revolution, die weiterhin auf der von der objektiven Entwicklung der Produktivkräfte gelieferten Grundlage, wovon das Proletariat Teil ist, und ihrer Befreiung von der kapitalistischen Kleinlichkeit basiert. Was man meistens als in den ersten Etappen des Kommunismus zu lösende Fragen betrachtet, sind in Wirklichkeit in den häufigsten Fällen nur kommunistische Massnahmen, welche die Proletarier im Verlauf der Revolution ergreifen werden müssen, dies, weil letztere nicht auf einen Kampf des Kommunismus gegen das Kapital hinausläuft, sondern die Hervorbringung des Kommunismus vermittelt durch seinen reellen Gegensatz zum Kapital ist. Pragmatische und taktische Massnahmen im Verlauf der Revolution. Die Abschaffung des Werts oder des Staates, die Erschaffung neuer Verhältnisse, deren Inhalt die gesellschaftliche Unmittelbarkeit des Individuums ist, d.h. die Beziehung zwischen Individuen in ihrer Singularität, sind taktische Kampfmassnahmen der Proletarier in der Revolution gegen das Kapital.

Die Unmittelbarkeit ist kein Immediatismus

Aber Obacht, wenn wir mit dem Finger auf der Karte den zu gehenden Weg vorzeichnen, sind wir deswegen noch lange nicht am Ziel angekommen; es ist im Klassenkampf dieses Kampfzyklus, worin das Rätsel auftaucht und gelöst werden muss. Die Unmittelbarkeit des Kommunismus ist nicht sein Immediatismus.

Der Immediatismus des Alternativismus oder der „Bewegung der direkten Aktion“ weiss sehr wohl, dass der Klassenkampf entscheidend ist, aber er erwartet davon, dass die Arbeiter nicht mehr als solche, sondern als Revolutionäre handeln. Doch die Kommunisierung der Gesellschaft wird gleichbedeutend sein mit kommunistischen Massnahmen, die von Arbeitern ergriffen werden, weil sie Arbeiter sind, weil sie als solche definiert in allen Determinierungen des Kapitals und gegen sie existieren. Der Immediatismus setzt voraus, dass die Transformation der Gesellschaft nur möglich wäre, wenn die Proletarier sich einmal ihrer alten proletarischen Kleider entledigt hätten. Er betrachtet die Kommunisierung als „langen Marsch“ in der kapitalistischen Produktionsweise. Der Immediatismus kann nur auf die Alternative hinauslaufen. Man entfernt sich vom Konzept der Kommunisierung selbst, wenn man nicht davon ausgeht, dass die Hervorbringung des Kommunismus erfolgt, weil sich die Proletarier, im Kampf gegen das Kapital als solche, in diesem Kampf ihrer alten proletarischen Kleidung entledigen, weil sie eingetaucht sind in die Widersprüche des Kapitals, die sie als Proletarier konstituieren. Die Abschaffung der proletarischen Bedingung ist die Selbsttransformation des Proletariats in unmittelbar gesellschaftliche Individuen, es ist der Kampf gegen das Kapital, die uns zu solchen machen wird, denn dieser Kampf ist ein Verhältnis, das uns mit ihm verstrickt. Die Kommunisierung konstituiert sich nicht als Lebensweise gegenüber dem Kapital, sondern wird die Überwindung der fordernden Kämpfe im unmittelbaren Rahmen der Arbeit oder der Reproduktion der Arbeitskraft, d.h. im Rahmen der Ausbeutung sein. Die Revolution ist weder die Enthüllung eines immer schon dagewesenen revolutionären Wesens des Proletariats, noch das Resultat eines Zusammenstosses zweier Welten: jene des Kapitals und jene der sich ihm gegenüber konstituierenden kommunistischen Alternative. Da die Revolution die Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise ist, hervorgebracht durch die historische Entwicklung des Widerspruchs zwischen dem Proletariat und dem Kapital, bedeutet das, dass sie der Entwicklung der Klassenwidersprüche dieser Gesellschaft, ihrer Geschichte unterworfen ist. Die Frage der Kommunisierung ist in ihrer absolut konkreten Form jene des Verhältnisses zwischen diesem Kampfzyklus und der Revolution.

Vom gegenwärtigen Kampfzyklus zur Kommunisierung

In jedem Kampfzyklus ist der hervorgebrachte alltägliche Verlauf des Kampfes der Klasse auf spezifische Weise mit der Revolution verbunden, entweder als Hinauswachsen über sich selbst (im Rahmen des Programmatismus) oder als hervorgebrachte Überwindung im gegenwärtigen Kampfzyklus.

In diesem Kampfzyklus formt der alltägliche Verlauf des Klassenkampfes den Widerspruch, so wie er sich in der Krise und der Revolution entwickelt und strukturiert. Dieser neue Zyklus hat grundlegende Eigenschaften, die ihn radikal vom Programmatismus unterscheiden: das Verschwinden der Arbeiteridentität, die Tatsache, dass jeder Kampf in dem, was ihn definiert, mit seiner eigenen Grenze als Reproduktion des Kapitals konfrontiert ist (Grenzen, die diese Reproduktion ihm immer auf spezifische Weise aufzeigt, gemäss ihren eigenen Eigenschaften), jene, dass die Konfrontation mit dem Kapital gleichbedeutend mit jener mit seiner eigenen Konstitution als Klasse ist. Es ist aufgrund dieser Eigenschaften des alltäglichen Verlaufs selbst, dass die Krise dieses widersprüchlichen Verhältnisses zwischen dem Proletariat und dem Kapital zur Kommunisierung werden kann. Die Kommunisierung ist die Vollendung/Überwindung dieses neuen Kampfzyklus, determiniert durch den Inhalt desselben: dem Widerspruch auf der Ebene der Reproduktion des Verhältnisses, dem Zusammenwachsen der Konstitution des Proletariats als Klasse und seines Widerspruchs mit dem Kapital, dem damit einhergehenden Verschwinden jeglicher Arbeiteridentität. Der Widerspruch zwischen den Klassen ist zur „Bedingung“ seiner eigenen Auflösung als gesellschaftliche Unmittelbarkeit des Individuums geworden.

Wir haben es jedoch nicht mit einem revolutionären Wesen zu tun, sondern mit dem Verlauf des Widerspruchs zwischen dem Proletariat und dem Kapital, so wie er sich als alltäglicher Verlauf des Klassenkampfs und dynamischer Verlauf der Widersprüche des Kapitals zeigt. Er konstituiert und benötigt die Krise der kapitalistischen Reproduktion als Vermittlung für seine Überwindung. Das, weil der Widerspruch notwendigerweise in seinem Prozess Ökonomie wird, in einer jedes Mal spezifisch ausgedrückten historischen Form. Das Kapital reproduziert sich und somit existiert die Ökonomie, seine Krise wird nichts anderes als die Wirtschaftskrise sein, aber die Wirtschaftskrise ist gleichbedeutend mit der Krise des gesellschaftlichen Verhältnisses, einer Krise des Verhältnisses der gegenseitigen Verstrickung. Das hat nichts mit der Bekräftigung zu tun, die Krise würde nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich, politisch usw. sein. Die Krise dieses Kampfzyklus als Krise des kapitalistischen gesellschaftlichen Verhältnisses beinhaltet eine Klassenaktivität, die zur Kommunisierung werden kann. Es handelt sich nicht um etwas, das von Anfang an gegeben wäre und der Krise ihr Wesen auferlegen würde, sondern um die Praxis des Proletariats in dieser Krise.

Dem Verhältnis zwischen den gegenwärtigen Kämpfen und der Revolution muss man sich allerdings innerhalb der Klassenaktivität annähern. Wir wissen, dass es sich nicht um ein Hinauswachsen über sich selbst handelt, aber wenn wir an diese Frage nicht als Klassenaktivität herangehen, verleihen wir der Krise eine demiurgische Rolle, indem wir sie nur als die Klassenaktivität modifizierende Krise des Kapitals konzipieren, eine Modifikation, die sie also einfach hinnehmen müsste. Was ist vom Standpunkt aus der Klassenaktivität der Inhalt dieses Übergangs, dieser Überwindung?

Die Kommunisierung ist die hervorgebrachte Überwindung dieses Zyklus

Die Revolution ist ein Konflikt zwischen Klassen, sie ist die äusserste Determinierung des widersprüchlichen Prozesses des Kapitals als Widerspruch zwischen dem Proletariat und dem Kapital. Der Überwindungsprozess des fordernden Kampfes zeichnet sich im fordernden Kampf selbst ab, wenn letzterer innerhalb seiner selbst seine Anforderungen stellt, ohne die Reproduktionslogik des Systems zu berücksichtigen und dadurch dazu tendiert, die Existenzbedingungen der Ausbeutung selbst infrage zu stellen. Wenn er also schlichtweg im Verlauf des fordernden Kampfes zu allem entschlossen wird, wodurch er seine Kohärenz als fordernder Kampf überwindet.

Wenn man sich in einer Situation befindet, in welcher die Abschaffung jener Gesellschaft, wovon wir selbst Teil sind, zum Ziel der Bewegung wird, zudem in einer gesellschaftlichen Situation, in welcher man sich selbst, sei es als Lohnabhängige, Proletarier oder Arbeiter, keine zu befreiende Identität gegen diese Gesellschaft, kein Projekt der Reorganisation derselben auf der Grundlage der Lohnarbeit oder der wertschaffenden Arbeit verleihen kann, wenn man sich in dieser Situation befindet und dementsprechend handelt, dann zeichnet sich die Kommunisierung ab. Das bedeutet, dass die Klassenzugehörigkeit, die Notwendigkeit, vorherige zu reproduzierende gesellschaftliche Definition war, da sie ihre Reproduktion impliziert, kontingent wird. Jeglicher Streik oder Kampf ist nicht potenziell die Revolution, aber wir werden nie im Vornhinein den Moment definieren können, wo ein fordernder Kampf seine eigene Überwindung hervorbringt.

Diese Überwindung des Widerspruchs zwischen den Klassen ist der Moment, wo der Kampf gegen das Kapital im Verlauf desselben zur Infragestellung der eigenen Bedingung als Proletarier wird, diese Bedingung wird im Verlauf des Konflikts als äusserer Zwang hervorgebracht, man kämpft gleichzeitig als Proletarier gegen das Kapital und bringt simultan dazu neue Verhältnisse hervor. Man kommunisiert die Gesellschaft, d.h. man schafft sie als autonome Substanz des Verhältnisses zwischen Individuen ab, letztere beziehen sich daraufhin in ihrer Singularität aufeinander. Die vorherigen gesellschaftlichen Verhältnisse lösen sich, ohne dass es in einem (inexistenten und unmöglichen) Gesamtplan begründet wäre, in dieser gesellschaftlichen Aktivität auf, in ihr kann man nicht unterscheiden zwischen der Aktivität der Streikenden und Aufständischen und der Erschaffung neuer Verhältnisse zwischen den Individuen, neue Verhältnisse, in welchen die Individuen das, was ist, bloss als Moment eines ununterbrochenen Flusses der Hervorbringung menschlichen Lebens betrachten.

Davon ausgehend ist diese Überwindung kein innerer Prozess der Klasse, sondern ihr Konflikt mit dem Kapital und die Entwicklung der Kräfteverhältnisse, also der Ziele und des theoretischen Bewusstseins, die im Kampf bestimmt werden. Die Kommunisierung ist der Geschichte der Kapitalakkumulation und ihrer Krise unterworfen. Was kann aus dieser Krise eine Endkrise machen? Nichts anderes als ihr Verlauf, und nicht die Vollendung einer Bedeutung oder Tendenz. Es ist die Krise der kapitalistischen Produktionsweise in den Begriffen derselben, resultierend aus dem tendenziellen Fall der Profitrate, Widerspruch zwischen den Klassen (diesbezüglich ist die häufig gestellte Frage „Wie tief muss sie fallen?“ sinnlos). Es ist nicht die Irreproduzierbarkeit dieses Widerspruchs, der die Ausbeutung ist, wodurch die Kommunisierung hervorgebracht wird. Es ist die Überwindung dieses spezifischen Kampfzyklus und die daraus resultierende Praxis des Proletariats als Praxis in dieser Krise, die als Kommunisierung definiert werden, was den Widerspruch zwischen dem Proletariat und dem Kapital irreproduzierbar macht.

Die Überwindung der Situation des Proletariats ist die Definition des Kommunismus

Die gesellschaftliche Unmittelbarkeit des Individuums bedeutet grundlegend die Abschaffung der Teilung der Gesellschaft in Klassen, eine Spaltung, aufgrund welcher die Gemeinschaft dem Individuum fremd ist. Man kann sich also positiv dem annähern, was die unmittelbar gesellschaftlichen Individuen sind, oder eher, was die Beziehungen zwischen unmittelbar gesellschaftlichen Individuen in ihrer Singularität sind. Ihre Selbsthervorbringung in ihren gegenseitigen Beziehungen impliziert nie eine Reproduktion in einem Zustand, der eine Partikularisierung der Gemeinschaft wäre, impliziert durch die Arbeitsteilung, das Eigentum und die Klassen. Die unmittelbar gesellschaftlichen Individuen behandeln bewusst jedes Objekt als menschliche Aktivität und lösen die Objektivität in einem Fluss von Aktivitäten auf (Überwindung des Proletariats als Auflösung des Eigentums auf der Grundlage des Eigentums); sie behandeln ihre eigene Aktivität als konkrete Partikularisierung der menschlichen Aktivität (Überwindung des Proletariats als Auflösung der Arbeitsteilung auf der Grundlage der Arbeitsteilung); sie betrachten praktisch ihre Produktion und ihr Produkt in ihrem Zusammenfallen als ihren eigenen Zweck an sich und ihre Determinierungen, ihre Möglichkeiten der Durchführung und ihre Finalitäten beinhaltend (Überwindung des Proletariats als Auflösung des Tausches und des Werts) und schliesslich setzen sie die Gesellschaft als etwas, das konstant im Verhältnis zwischen Individuen hervorgebracht werden muss und jede Beziehung als Voraussetzung ihrer Transformation (Überwindung des Proletariats als Auflösung der Klassen).

In alldem finden wir das Proletariat wieder als Auflösung der bestehenden Bedingungen auf der Grundlage, in der Bewegung, derselben. Davon ausgehend, in einem besonderen historischen Moment, finden wir seine Kapazität, seine eigene Definition als Klasse als veräusserlichten Zwang im Kapital gegen es selbst zu behandeln. Alles, was wir von der Kommunisierung (und dem Kommunismus) sagen können, leitet sich von dem ab, was das Proletariat in seinem Verhältnis zum Kapital ist, dadurch ist sie ein Moment der Geschichte dieses Verhältnisses. Wie kann eine strikt als Klasse handelnde Klasse die Klassen abschaffen? Es ist in der Geschichte der kapitalistischen Produktionsweise, als Widerspruch zwischen dem Proletariat und dem Kapital, wo wir bruchstückhaft die Lösung des Rätsels suchen müssen.

Übersetzt aus dem Französischen von kommunisierung.net

Quelle